Computational Optics
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Computerbasierte Modellentwicklungen und Simulationen ermöglichen einen kostengünstigen und schnellen Einblick in die Funktionalität von optischen Systemen sowie ein schnelles Prototyping. Somit können umfangreiche Designfragen und Analysen unter Berücksichtigung der relevanten physikalischen Einflussgrößen effizient und mit hoher Präzision bearbeitet werden.
Dazu erforscht und entwickelt die Gruppe Computational Optics verschiedenste numerische Ansätze in den photonischen Technologien. Hierzu zählen beispielsweise die Auslegung von Freiformoptiken, die Berechnung anwendungsangepasster Intensitätsverteilungen in der Lasermaterialbearbeitung sowie das Design von optischen neuronalen Netzen für die Strahlformung. Dazu werden zahlreiche Software-Entwicklungstools und -strategien eingesetzt und es stehen verschiedenste Hochleistungsrechner zur Verfügung.
Auslegung hocheffizienter Freiformoptiken
Brechende und reflektierende optische Oberflächen, die sich von sphärischen und asphärischen Geometrien deutlich unterscheiden, haben sich unter der Bezeichnung Freiformoptik in Forschung und Entwicklung etabliert. Ihre Auslegung folgt nicht mehr notwendigerweise den Konzepten abbildender Optik, sondern zielt auf die Umverteilung von Energie durch Lichtbrechung und -reflexion ab. Dadurch können im Prinzip sehr komplexe Leistungsdichteverteilungen erzeugt werden, welche lediglich durch physikalische Limitierungen wie beispielsweise eine hohe Étendue bzw. eine geringe Strahlqualität begrenzt sind. Zum Einsatz kommen Freiformoptiken beispielsweise im Beleuchtungsbereich, um den Energieaufwand und somit die Betriebskosten für die jeweiligen Beleuchtungsszenarien zu senken. Ein neuartiges Einsatzgebiet ist weiterhin die anwendungsangepasste Strahlformung mittels Freiformoptiken für Lasermaterialbearbeitungsverfahren.
Die Gruppe Computational Optics entwickelt für Kunden aus Forschung und Industrie maßgeschneiderte Freiformoptiken für nicht-abbildende Anwendungen. Aktuelle Forschungsschwerpunkte liegen dabei auf der Entwicklung von Auslegungsalgorithmen für verschiedenste Lichtquellen sowie für die Fresnelisierung von Freiformoptiken zur Reduzierung des benötigten Bauraums. Bei der Entwicklung dieser Algorithmen werden unter anderem Ergebnisse aus den Bereichen Differentialgeometrie, der Computergraphik sowie der nichtlinearen Optimierung genutzt.
Zusammen mit ansässigen Fertigungsunternehmen realisieren wir dabei virtuelle Prototypen mit fertigungsgerechter Auslegung und übernehmen die Charakterisierung der hergestellten Optiken.
Lösung des inversen Wärmeleitungsproblems in der Lasermaterialbearbeitung
In den verschiedenen Verfahren der Lasermaterialbearbeitung wird durch den Laserstrahl ein räumlich und zeitlich variables Temperaturprofil im Material erzeugt, welches letztlich die Bearbeitungsqualität und Prozesseffizienz bedingt. Da dieses Temperaturprofil insbesondere durch die Intensitätsverteilung (d.h. die Leistungsdichteverteilung) im Laserstrahl beeinflusst wird, kann eine anwendungsangepasste Strahlformung zur gezielten Einstellung des Temperaturprofils umgesetzt werden. Da von einem - in Teilen - vorgegebenen Temperaturprofil auf die Intensitätsverteilung zurückgeschlossen werden muss, wird in diesem Fall ein inverses Wärmeleitungsproblem formuliert, welches ein mathematisch schlecht gestelltes Problem darstellt.
Die Gruppe Computational Optics entwickelt effiziente numerische Lösungsalgorithmen für dieses inverse Wärmeleitungsproblem, mit welchen für verschiedene Anwendungen flexibel die benötigten Intensitätsverteilungen berechnet werden können. Insbesondere können dabei temperaturabhängige thermophysikalische und optische Materialeigenschaften sowie komplexe Geometrien berücksichtigt werden.
Durch die enge Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Lasertechnik wird dabei eine anwendungsnahe Umsetzung sichergestellt. Dadurch wurden die entwickelten Methoden beispielsweise bereits für die Anwendungen des Laserhärtens oder der laserbasierten Entfestigung experimentell validiert.
Entwicklung von diffraktiven neuronalen Netzen für die Laserstrahlformung
Diffraktive neuronale Netze (DNNs) stellen eine physikalische Implementation von künstlichen neuronalen Netzen dar. Licht wird hier als Information genutzt, während sogenannte diffraktive optische Elemente (DOEs) die Ebenen des Netzes darstellen. Jeder Pixel auf jedem DOE agiert nun als trainierbares Neuron, welches die Phase eines eintreffenden elektromagnetischen Feldes lokal manipuliert. Solche Netze können in einem Computer trainiert und anschließend im Experiment aufgebaut werden, um so z.B. Bilderkennungsaufgaben mit Lichtgeschwindigkeit zu lösen.
Die Gruppe Computational Optics besitzt eine eigene Trainingsarchitektur für DNNs, um optische Systeme für die Laserstrahlformung auszulegen, welche Funktionalitäten besitzen, die von anderen Systemen nur schwer oder gar nicht erreicht werden können:
- Gleichzeitige Kontrolle von Amplitude und Phase: Die Phase eines Feldes kann zusätzlich als Optimierungsziel gesetzt werden, um so z.B. deutlich höhere Tiefenschärfen von Leistungsdichteverteilungen zu erzielen.
- Mehrere Zielebene: Alternativ kann das elektromagnetische Feld in mehreren Zielabständen gleichzeitig vorgegeben werden, um so effektiv dreidimensionale Strahlformung zu realisieren.
- Justagerobustheit: Ein Netz kann mit verschiedenen Variationen des Eingangsstrahls (wie z.B. Dezentrierung oder Verkippung) optimiert werden, um so robust gegen diese Variationen zu werden.
Diese vielseitigen Funktionalitäten machen DNNs zu vielversprechenden Systemen für die Lasermaterialbearbeitung. Aktuelle Forschungspunkte sind Erweiterungen der Trainingsarchitektur und experimentelle Bestätigung der berechneten Systeme.
Diodenlasersimulation für Hochleistungsanwendungen und für die Quantentechnologie
In einem weiteren Thema beschäftigt sich die Gruppe Computational Optics mit der Simulation von Halbleiterdiodenlasern, wobei ein Schwerpunkt die Analyse der Interaktion von Gain-Chips- mit externen Kavitäten darstellt. Dafür wird die gemeinsam mit dem Fraunhofer ILT sowie dem Lehrstuhl für Lasertechnik der RWTH entwickelte multiphysikalische Simulations-Software SEMSIS (Semiconductor Laser Simulation Software) benutzt und weiterentwickelt, wodurch ein vertieftes Verständnis der physikalischen Abläufe in Kanten- und Oberflächenemittern erarbeitet wird. Mit der Software können beispielsweise die optischen Eigenmoden des Wellenleiters berechnet werden oder es kann eine initiale Verteilung des elektrischen Feldes mithilfe der Beam Propagation Method (BPM) durch den Wellenleiter propagiert werden. Weiterhin ist es möglich, ein elektrisches, mechanisches, quantenmechanisches und thermisches Modell an das optische zu koppeln und das holistische Modell selbstkonsistent zu lösen.
Dies findet beispielsweise Anwendung in der Entwicklung von Hochleistungsdiodenlasern oder von rauscharmen Lasern für die Quantenverschlüsselung.
Weitere Forschungsthemen
Darüberhinausgehende Schwerpunkte der Gruppe Computational Optics sind:
- die Realisierung von Bildaufnahmen mit gesteigerter Auflösung mittels Fourier-Ptychographie
- die Entwicklung wellenoptischer Simulationsmodelle
- die Evaluation von Quanten-Algorithmen für Probleme im Optikdesign und in der photonischen Produktion